…zumindest von dem ich weiß. Doch wie sieht es aus, mit dem, von dem wir selbst gar nichts wissen? Von Informationen, welche über Algorithmen aus sogenannten Metadaten gewonnen werden, deren wir uns nicht bewusst sind. Noch weniger was daraus gemacht wird und in welchen Zusammenhang sie gestellt werden.
Ein einfaches Beispiel: Bei jedem Foto, welches wir mit dem Handy aufnehmen, werden Datum, Uhrzeit und Aufnahmeort gespeichert. So wird nachvollziehbar, wo ich wann genau war. Wer am 2. November 2020 um 20:03 Uhr in der Nähe der Seitenstettengasse in Wien war, wird verdächtig, wenn er dort nirgendwo wohnt. Wenn man sich nun zufälligerweise irgendwann vorher irgendwo aufhielt, wo auch ein Verwandter von Kujtim Fejzulai oder er selbst war, wird es ernst. Dann könnte die Polizei vorbeischauen, weil man in das Fahndungsraster nach Mithelfern am Attentat in Wien passt. Sehr schnell kommt man dann in die Verlegenheit sich zu erklären, was man nicht getan hat. Es reicht also unter Umständen vollkommen aus, dass man Urlaub zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gemacht hat.
Überwachung läuft heute nicht mehr über Agenten oder Privatdetektive, die mit teleobjektivbestückten Kameras im Auto sitzen. Sie läuft in aller Regel elektronisch ab. Mit eben diesen Spuren, welche wir im ehemals freien Netz hinterlassen. Mit all diesen praktischen Apps, die uns Rabatte und Sonderkonditionen versprechen und in Wirklichkeit nur an unseren Metadaten interessiert sind.
Hand auf’s Herz, wer ist noch nie im Internet über eine Pornoseite gestolpert? Ich meine nicht unbedingt bewusst, sondern weil man eine interessante Werbeanzeige angeklickt hat und dann ganz woanders gelandet ist. Meist ist es dann gar nicht so einfach wieder von dieser Seite wegzukommen. Der “Back-Button” funktioniert nicht mehr. In aller Regel hilft nur noch den Browser zu schließen oder den Computer ganz herunterzufahren. Bei so Manchem hat auch das nicht mehr geholfen und der Computer war verseucht. In den Metadaten steht nicht, wieso man auf diese Seite gekommen ist. Man hat jetzt allerdings einen Eintrag, dass man auf einer Pornoseite war. Je länger man versucht hat, diese Seite wieder loszuwerden, umso größer wird dieser “dunkle Fleck” auf der digitalen Seele.
Sind wirklich alle Fotos auf unserem Handy für “Alle” geeignet, oder könnte es peinlich werden, wenn eine bestimmte Person das eine oder andere Foto sieht? Muss der Arbeitgeber unbedingt über all meine Krankheiten Bescheid wissen? Wenn wir nichts zu verbergen haben – wie wäre es mit einer WebCam in unserem Badezimmer?
“Ich habe nichts zu verbergen” gilt nur solange man sich 100%-ig konform verhält – was auch immer das sein soll und wer/was das definiert. Exakt so, wie es die anderen und vor allem die Obrigkeit es von einem erwartet. In dem Moment, in welchem man von diesen Vorgaben abweicht, eine eigene Meinung entwickelt, sich gegen Ungerechtigkeit engagiert, ist es damit vorbei.
Wer mehr dazu wissen will, dem seien zwei Beiträge empfohlen:
- Nieder mit dem „Nichts-zu-verbergen“-Argument! von Kathrin Strauß
- 7 Gründe, weshalb “Ich habe nichts zu verbergen” die falsche Reaktion auf Massenüberwachung ist von Amnesty International