GR-Sitzung vom 1. Feb. 2022

Eigentlich sollte es eine besondere Sitzung werden. Mit Datum knappe vier Wochen vor der Gemeinderatswahl wäre wohl zu erwarten gewesen, dass es die letzte GR-Sitzung dieser Periode ist und die Tagesordnung machte einen spannenden Eindruck. Doch es kam anders – siehe insb. das Ende der Geschichte.

Zunächst fiel auf, dass das Corona-Virus auch vor den Gemeinderäten/-innen nicht haltgemacht hat. So waren nur 9 GR zzgl. BGM und Schriftführer auf der Gemeindeseite erschienen. Auch im Publikum war gähnende Leere – lediglich zwei Mitglieder unserer Liste interessierten sich für das, was in der Gemeinde geschieht und welches Abschiedspaket der scheidende Gemeinderat für seine Nachfolger wohl schnüren würde. Die anderen Listen glänzten mit Abwesenheit respektive Desinteresse.

Die Punkte der Tagesordnung nun der Reihe nach (alle Punkte wurden ohne Gegenstimmen abgenickt):

  • Bereinigung von Differenzen zwischen Flächenwidmungsplan und Grundstücksgrenzen im Bereich Kirchplatz 6 (Fam. Schmitzberger, Grübler). Ausgangspunkt sind amtswegige Mappenberichtigungen, welche auf die Zeit Maria Theresia zurückgehen.
  • Flächenwidmungsänderungen (Freiland in Sonderfläche) im Bereich der W1-Lounge, damit ein Carport und Müllraum entstehen kann.
  • Antrag Fam. Mader, Wohnhaus Ende Martinsplatz: hierbei ging es um das optische Erscheinungsbild sprich Pflasterung jenes Streifens, bei dem es in der Vergangenheit zu einem Grundtausch gekommen war. Fam.- Mader will die Flächen zwischen Gehsteig und Hauseinfahrt mit Pflastersteinen belegen und zum Teil auch öffentliches Gut (bei den Elektrokästen, Laterne bis zur Querstraße) – auf eigene Kosten. Auch wenn sich der Gemeinderat darüber einig war, dass es hier um eine Bagatelle und rein um die Optik ging, wurde eine 1/4 Stunde über Details wie Farbe, Anfasung, Splitt, Gras, etc. diskutiert. Man hat ja nichts Wichtigeres zu tun.
  • Innsbruckerstraße 12, Top 1 – ehemals Ulrike Steger, seit 2 Jahren Roland Donner. Hier ist jetzt aufgefallen, dass der Garten dieser Wohnung zum Großteil gar nicht zur Wohnung gehört, sondern im Gemeindebesitz ist und von Frau Steger nur benutzt wurde. Gemäß einer alten Benutzungsvereinbarung wurde damals als Gegenleistung die Pflege der Fläche und insb. der befestigten Böschung vereinbart. Die Erlaubnis zur Errichtung einer fundamentlosen Gartenhütte erteilte der scheidende Bürgemeister Hohenegg. Ab 1.1.2022 soll nun Herrn Donner ein jährlicher Pachtzins i.H.v. ca. 700,- € (5,28 €/m² zzgl. MWSt.) verrechnet werden – rückwirkend.
  • Entlang der Landesstraße nach Garmisch im Bereich Schoberbachbrücke, sollen durch Flächentausch im Umfang von 357 m², Grundstücksgenzsbegradigungen vorgenommen werden.
  • Der Pachtvertrag für die Jagd Schöberle, seit ca. 25 Jahren in Hand eines Pächters, dzt. Fam Gerber (Edelweis), soll vorzeitig aufgelöst werden. Dies ist gemäß Jagdgesetz nicht so einfach und es soll eine gemeinsame Ausschreibung der Gemeinden Ehrwald und Lermoos dafür erfolgen.
  • Der Pachtvertrag für die Ehrwalder Alm soll auf Wunsch von Frau Michaela Gläser per 31.10.2022 vorzeitig aufgelöst werden – aus gesundheitlichen Gründen. Auch hier soll es im April zu einer Ausschreibung kommen.
  • Familie Susanne + Herbert Zotz stellen ein Löschungsgesuch hinsichtlich eines Wiederkaufrechtes aus dem Jahre 1966, welches bereits seit langem erloschen, aber noch immer im Grundbuch eingetragen ist. Das Vorkaufsrecht bleibt.
  • Die Bücherei hat ihren Jahresbericht eingereicht und ersucht um Anweisung des Trägerbeitrages. Im abgelaufenen Jahr gab es 571 Besucher bei 264 Stunden Öffnungszeiten. Mit 5598 Exemplaren übererfüllt die Bücherei die gesetzlichen Auflagen von Einwohnerzahl x 1,5 deutlich.

Wer sich jetzt fragt, was an dieser GR-Sitzung insb. der Tagesordnung so spannend gewesen sein soll, der sei auf den offiziellen Tagesordnungspunkt Nr. 5 verwiesen: “Beratung / Entscheidung betr. Tiroler Freizeitbetriebe GmbH & Co. KG. (Finanzierung Familienbad NEU und Sanierung Zugspitzsaal)“. Dieser TOP mit Sprengkraft wurde vertagt auf den 22. Feber 2022 – fünf Tage vor der Gemeinderatswahl, auf den letztmöglichen Termin.

Pikant daran: Die Gemeindeführung hat sich bereits seit Jahren (vgl. Antrag vom 2. Aug. 2020, 39. Sitzung v. 1.09.2020 und weitere Artikel auf dieser Homepage) geweigert, die Bevölkerung im Detail über das Projekt (ebenso wie über das Explorerhotel und Thema Schwerverkehr Zugspitzstraße) aufzuklären. Jetzt drängt sich der Verdacht auf, dass diese umstrittenen Projekte, quasi als Abschiedsgeschenke, dem neuen Gemeinderat – wie ein Mühlstein – umgehängt werden sollen.

Die Spannung bleibt erhalten. Welche Überraschungen sollen fünf Tage vor der Wahl präsentiert werden? Wird man versuchen Tatsachen zu schaffen, damit an einem nicht funktionierendem Konzept (beide Betriebe werden weiterhin Zuschussbetriebe bleiben – alleine für das Hallenbad zahlt die Gemeinde Ehrwald monatlich 15.000,- Euro für den Betrieb), nichts mehr geändert werden kann? Wie werden jene GRs stimmen, welche sich auch für den neuen Gemeinderat bewerben – teilweise auf jener Liste, welche die offizielle Fortführung der aktuellen GR-Fraktion übernommen hat. All das spricht nicht dafür, dass sich etwa ändern soll – ganz im Gegenteil, man will offenbar alles so belassen, wie es ist und das einzementieren.

Ich stelle die Frage, ob dem Gemeinderat bewusst ist, dass man die Gemeinde damit in einen Schuldenzwickmühle schickt, aus der sie nur sehr schwer oder gar nicht mehr herauskommt. Wer hat ein Interesse daran, dass die Gemeinde Ehrwald auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte sich keine größeren Projekte mehr leisten wird können? Kein Geld für soziale Projekte wie günstiges Wohnen, lokale Arbeitsplätze, Förderung unserer Kinder, ein Jugend- sowie Seniorenzentrum uvam. Der Gemeinde wird so der letzte verbleibende Lösungsweg aufgezwungen: Verkauf von Agrargrund zur Abzahlung des Schuldenberges. Wer werden die Käufer und damit die Nutznießer sein?

Ich werde jedenfalls bei der Sitzung dabei sein (wie die letzten drei Jahre bei jeder GR-Sitzung) und davon berichten…