Bereits beim Betreten des Sitzungsaales konnte man erkennen, dass dies keine übliche Sitzung wird. Die Tische der GRs waren eng aneinander geschoben (enger als in Vor-Coronazeiten) und drei Reihen mit über 30 Sitzplätzen für Besucher aufgestuhlt. Kurz vor Sitzungsbeginn wurde klar warum: Die Liste von Robert Wilhelm erschien (fast) geschlossen zur Gemeinderatssitzung. Insgesamt fanden sich 14 Besucher ein, denen 12 GRs zzgl. BGM und Amtsleiter gegenüber saßen.
- Zum Auftakt der Sitzung präsentierte Christian Ihrenberger das Projekt Gaisbach. In diesem soll eine Abdichtung des Auffangbeckens (zwischen Kreisverkehr und Fußballplatz) auf der Waidach-Seite mittels Spundwänden errichtet werden. Notwendig wurde dies, nachdem 1998 (nach dem Ausräumen des Beckens) eine Verschiebung des Grundwasserspiegels und in dessen Folge Wassereintritte in einzelnen Häusern festgestellt werden musste. Jetzt nach 23 Jahren ist es endlich soweit, dass Nägel mit Köpfen zum Schutz der Bevölkerung gemacht werden sollen. Das Auffangbecken und sein Damm wurden mit der Zustandsstufe 4 als “mangelhaft” festgestellt. Fünf Varianten wurden untersucht und man hat sich für eine um 1,32 Mio Euro entschieden, wovon die Gemeinde ca. 28% selbst zu tragen haben wird. Die in diesem Bereich inzwischen ansässige Biber-Familie (eine gemäß EU-Habitatsrichtline am strengsten geschützte Tierart samt ihrem Lebensraum) wurde nur mit der Frage eines GRs “…kann der Biber das Projekt noch verhindern?…” bedacht. “…Nein, verhindern kann der Biber das Projekt nicht, nur um ca. ein Jahr verzögern…” war die Antwort. Dies machte klar, dass sich niemand auch nur Gedanken darüber gemacht hatte, wie man Umwelt, Natur und Menschen unter einen Hut bekommen könnte. Wie andere Projekte in Europa und Österreich bereits bewiesen haben, wäre es sicher möglich, die Biber-Familie für die Zeit der Baumaßnahmen gezielt umzusiedeln. Offensichtlich fehlte hier die Einsicht und auch der Wille.
- Der Überprüfungsausschuss gab einen (sehr) kurzen Überblick über die Gemeindefinanzen => Kassastand gesamt beträgt 278.350,- €, davon knapp 140.000,- in Rücklagen.
- Der Bürgermeister berichtete stolz, dass die turnusmäßige Anhebung (alle 2 Jahre) der Abgaben und Gebühren Corona bedingt im letzten Jahr ausgesetzt wurde. Er strich das als große Leistung und Entgegenkommen seitens der Gemeinde in schlechten Zeiten hervor. Gleich danach berichtete er jedoch, dass es die schlechte finanzielle Situation der Gemeinde nun bedinge, dass diese Erhöhung nun doch nachgezogen werde müssen. Es wäre nur eine Inflationsanpassung die dzt. bei 2,907% liegt. Detail am Rande: Ja – die Inflation zeigt in diesem Jahr eine deutliche Spitze, welche nicht erwartet wurde und jetzt von der Gemeindeführung (eiskalt) genutzt wird. Die turnusmäßige Anhebung im letzten Jahr wäre deutlich unter 1% ausgefallen, jetzt liegen wir bei knapp 3%. Eine Erhöhung, welche jeder Gemeindebürger in der Geldtasche spüren wird, die jedoch sicher nicht in der Lage sein wird, die maroden Gemeindefinanzen zu sanieren. Ob diese Vorgangsweise rechtens ist (turnusmäßig alle zwei Jahre, wäre erst nächstes Jahr wieder) oder nur von den üblichen Gepflogenheiten abweicht, entzieht sich meiner Kenntnis.
- Unter TOP 5 wurde eine Stellungnahme von Robert Wilhelm verlesen, mit welcher er einen Einspruch (Flächen werden für Verkehrskonzept benötigt, es gibt kein Restaurant, das Projekt ist zusätzliche Konkurrenz zu bestehenden Betrieben) gegen den Bebauungsplan für das Explorerhotel erhebt. Wir erinnern uns an die letzte GR-Sitzung vom 27. Juli => auf dem Bebauungsplan war eine erklärende Textbox angebracht, welche dem Landesjuristen sauer aufstieß und er den bereits zuvor beschlossenen Bebauungsplan aus formalen Gründen wieder zurückwies (um diese Box zu entfernen). Wie zu erwarten, wurde der Bebauungsplan mit 4 Stimmenthaltungen erneut angenommen.
In diesem Zusammenhang erlaube ich mir anzumerken, dass auch der Auftritt einer kompletten Liste, einen bereits voll in Fahrt befindlichen Zug (der in die falsche Richtung fährt) nicht mehr aufhalten wird können. Das Explorer Hotelprojekt ist ein Negativbeispiel wie Gemeindepolitik NICHT passieren soll/darf. Alle Beteiligten müssen sich selbst bei der Nase nehmen und fragen “…Warum haben wir uns nicht rechtzeitig gewehrt?…” Das Projekt ist bereits über 6 Jahre alt. In der GR- Sitzung vom 1. Sept. 2020 wurde die Vertragsunterzeichnung, nach 5-jährigen Verhandlungen beschlossen. Damals waren 9 Besucher anwesend, keiner hatte sich gegen das Projekt geäußert. Man hatte auch nie etwas vonseiten der Agrar-Führung gehört. Man erinnere sich – der aktuelle Bürgermeister und jetzige Subtanzverwalter war selbst lange Zeit als Agrarobmann tätig. Auch, wenn sich die scheidende Gemeindeführung hohe Transparenz und Offenheit nicht auf die Fahnen heften kann, so geheim, still und leise war dieses Projekt nie. Sich rechtzeitig und konsequent für oder gegen etwas einzusetzen ist gefragt – nicht nur im Zuge eines Wahlkampfes. Ich hoffe es gibt noch einen anderen Weg, um dieses Projekt zu verhindern => im Dialog mit der Explorer GmbH einen anderen, besser geeigneten Ort zu finden und das Projekt mit einem Restaurantbetrieb aufzuwerten.
- Der nächste TOP (Martinsplatz, oberes Ende, A. Mader => Dachgaupe) beweist, dass es fallweise schwer ist aus Fehlern zu lernen. Genau jener Textblock, der dem oben genannten Bebauungsplan zum Verhängnis wurde, fand sich auch auf dem gegenständlichen wieder.
- Gleiches Objekt, alte Geschichte – in der GR-Sitzung vom 10.12.2020 wurde ein Grundtausch (16 m²) zwischen Familie Mader und der Gemeinde beschlossen. Es ging um eine Grenzbegradigung mit dem positiven Seiteneffekt, dass die gemeindeeigene Stützmauer am Beginn des Zippermühlweges nun auf gemeindeeigenem Grund steht. Jetzt musste (nach fast einem Jahr) noch die Flächenwidmung angepasst werden.
- Im Bereich Zugspitz Resort erfolgte eine gröbere Anpassung der Grundstückgrenzen innerhalb des eigenen Besitzes, welche nun auch Widmungsänderungen notwendig machte – die Nutzung passte bei einzelnen Flächen nicht.
- Für das Zugspitz Resort wird eine eigene Anbindung an die Abwasserbehandlungsanlage der Gemeinde benötigt – es geht um 800 bis 1000 EWGs (EinwohnerGleichWert), was ca. dem 1,5-fachen des Wertes von Biberwier entspricht. Man hat sich mit den Eigentümern darauf verständigt, dass die Gemeinde die Kanalführung vom dzt. letzten Kanal (Einfahrt Ebene) bis zum Bereich Ponöfen (Diana Thörle) führt. Von dort weg müssen die Eigentümer des Zugspitz Resorts die weitere Anbindung selbst vornehmen und auch bezahlen. Die Gemeinde rechnet in diesem Zusammenhang mit Anschlussgebühren i.H.v. ca. 800 bis 900.000,- € abzgl. der üblichen allgemeinen Bauförderung i.H.v. 25% der Projektkosten. Dem Ansinnen des BGM dieses Projekt als ein einziges Projekt mit nur einem Antragsteller (der Gemeinde) einzureichen, wurde von seinem Vize widersprochen. In der Folge wurde nur dem Fristverlängerungsantrag (Corona bedingt) um ein Jahr zugestimmt. Der Bürgermeister verlas in der Folge einen Brief von Herrn F. Dengg, in welchem dieser um eine höhere Förderung bzw. niedrigere Anschlussgebühren bat. Was in der “Diskussion” nicht zur Sprache kam: Hat die bestehende Abwasserbehandlungsanlage überhaupt die Kapazitäten einen derart großen zusätzlichen EWG zu verkraften? Ich denke hier auch an die bereits in die Jahre gekommenen Kanalisierung im Bereich Zugspitzstraße vom Viadukt bis Amort (insb. Leitungsquerschnitt). Wir können nur hoffen, dass es hier in den Verträgen entsprechende Klauseln gibt, welche das Gesamtvolumen samt Grenzwerten sinnvoll begrenzt. Sonst ist es nur eine erneute Verlagerung von selbst verursachten Problemen auf die Gemeinde.
- Unter dem Punkt Raumordnungsangelegenheiten wurde über die lange Geschichte einer Flächenumlegung, Baulandumwidmung samt Freizeitwohnsitzüberbindung berichtet => Bereich Ebene, vis-a-vis Tannenhof. Dort sollen nun zwei neue Einfamilienhäuser entstehen – eine einheimische Familie und dem Vorstand der Raiffeisenbank Reutte Dir. Ludwig Strauss.
- Unter dem Punkt Agrarangelegenheiten berichtete der BGM, dass für die Anschaffung des neuen Traktors ein weiteres Angebot eingeholt wurde und dieses erwartungsgemäß über dem aktuellen liegt. Dafür konnte er vermelden, dass der bereits in die Jahre gekommene Pritschenwagen nun verkauft wurde – um 7.000,- € weit über dem erwarteten Wert.
- Der Bürgermeister rief die GRs auf, sich Gedanken über 3-6 Personen zu machen, welche das Ehrenzeichen der Gemeinde erhalten sollen. Quasi als “Abschiedsgeschenk” der scheidenden Gemeindeführung – ich bin schon gespannt, wer hier nominiert wird (und vor allem mit welcher Begründung).
- Unter Allfälliges berichtete der BGM, dass für die Sanierung des Zugspitz Saales noch die Zustimmung des Landes Tirols und Zusage einer Förderung ausständig sind. Beim Hallenbad befindet man sich in der sogenannten “Stillhaltephase” (Einspruchsfrist), nach welcher der bereits feststehende Sieger der drei Projektanbieter bekannt gegeben wird. Dann wird die Bevölkerung vielleicht auch endlich erfahren, wofür 15,5 Mio € ausgegeben werden sollen – wohlgemerkt, nachdem alles schon fix entschieden ist – ein Musterbeispiel für aktive Bürgerbeteiligung. Weiters berichtete er, dass die 3. Sitzung des Kernteams für ein Verkehrskonzept (Stichwort Tunnel Schanz bis Portal Lermooser Tunnel) stattgefunden hat, es gute Ansätze aber noch keine wirklichen Lösungen gäbe. Abschließend vermeldete er, dass das Kunst-Projekt “Linde” jetzt aufgestellt wurde – vis-a-vis Widum vor der Sparkasse.
Nicht behandelt wurde unser Antrag betreffend Vertragsgestaltung für die Baugründe im Siedlungsgebiet Schmiede – Verhinderung von Immobilienspekulationen infolge zu kurzer Behaltefrist von nur 15 Jahren, durch Fristausdehnung auf mind. 30 Jahre. Hierzu findet sich ein eigener Beitrag. Bürgermeister und Amtsleiter beteuerten, diesen Antrag nicht erhalten zu haben – wie sich herausgestellt hat, ist er im Spam-Filter gelandet (Betreff = Antrag an den GR – 47. Sitzung vom 5.10.2021).
[12.10.2021] … das offizielle Protokoll der 47. RG-Sitzung liegt auf der Homepage der Gemeinde