Vom “grünen Gas” und “Power-to-Gas”

Trotz des klaren Bekenntnisses zum Ausstieg aus den nicht-regenerativen Energieträgern (insb. Erdöl und Erdgas) wurde bei uns in Ehrwald erst in den letzten Jahren mit dem Ausbau eines Erdgasnetzes begonnen. Verbunden mit hohem Aufwand, Kosten und vor allem zum großen Ärger vieler Anrainer über ständig aufgerissene Straßenzüge. Zu einem Zeitpunkt, zu dem internationale Städte mehr und mehr aus dem Gas wieder aussteigen.

Begründet und verteidigt wird dies vielfach von den Betreibern mit der Zukunftsaussicht, dass eines Tages (ohne ein Datum zu nennen) nicht mehr Erdgas durch die verlegten Leitungen fließt, sondern sogenanntes “grünes Gas” aus regenerativen Energieträgern. Ein entsprechender Werbebeitrag findet sich in den Bezirksblättern vom 4. Mai 2021.

Erstmals wird hier näher auf das “grüne Gas” eingegangen. Dieses wird bereits in Biomasseanlagen produziert und dem Erdgas beigemengt – in homöopathischen Mengen wohlgemerkt. Dass diese bereits sehr alte Technologie noch nicht weiter verbreitet ist, hat seine Gründe: Sie ist nicht wirtschaftlich und die anfallenden Mengen sind einfach zu gering. Eine deutliche Steigerung der Mengen wäre möglich – mit Anbau von “Energiepflanzen”. Das geht jedoch in eine Monokultur, in der die Produktionsmenge im Vordergrund und die Umwelt im Hintergrund steht – mehrfache Ernten im Jahr mit viel Dünger und Pflanzenschutzmittel. Für einen großflächigen Einsatz ist dieses Verfahren somit schon rein mengenmäßig nicht zielführend.

Erdgas besteht im Wesentlichen aus Methan – einem klimarelevanten Gas, um den Faktor 21-mal schädlicher als CO2. Dieses Methan kann man auch künstlich herstellen – das “synthetische Gas” aus dem oben verlinkten Beitrag. Dafür braucht man erst einmal Wasserstoff, den man über Elektrolyse gewinnen kann, wofür sehr viel Strom notwendig ist (mit 25-35% Verlusten). Das ist auch der Grund, warum der weltweit benötigte Wasserstoff derzeit zu ca. 85% aus kalorischen Energieträgern (bzw. zu 61% aus Erdgas mit 30% Verlusten) gewonnen wird. Damit ist der allseits gelobte “grüne Wasserstoff” gar nicht so grün – es kommt immer auf die Herstellung und damit auf den gesamten ökologischen Fußabdruck an.

Der Ansatz “Power-to-Gas” bei dem aus Stromüberschüssen (welche mit regenerativen Verfahren produziert wurden), ein Speichermedium in Form von “synthetischem Gas” hergestellt wird, ist Zentrum kontroversieller Diskussionen. Insbesondere, da die Herstellungskette bis zu diesem und weiter zur finalen Energienutzung (Wärme oder wieder Strom) mit vielen Verlusten behaftet ist und somit am Ende nicht viel rauskommt. Man dreht sich vielfach nur im Kreis. Da wäre die direkte Nutzung des anfallenden Stromes als Energiequelle für moderne Heizungen (zB. Infrarot-Paneele) ggf. mit lokaler Zwischenspeicherung zielführender. Nicht zuletzt, da mit der boomenden E-Mobilität ein riesiges Potenzial an Speicherkapazität heranwächst.

Energie hatte schon immer seinen Preis und der wird wohl nicht mehr sinken, schon gar nicht, wenn man auf komplexe Verfahren zurückgreifen muss. Es wird immer einen Ersatz für Erdgas geben, doch zu welchem Preis? Mit der langfristigen Bindung an einen einzigen Lieferanten ist man diesem auch ausgeliefert. Jedes Unternehmen muss nach wirtschaftlichen Kriterien agieren und die Nachfrage macht den Preis und regelt auch die Zuordnung, wenn das Gas knapper wird. Das Gleiche gilt für Erdöl – auch hier gibt es bereits heute Ersatzlösungen, welche in den bestehenden Anlagen verwendet werden können. Mit einem m.E. gewichtigen Unterschied: hier bin ich in der Wahl des Anbieters frei!

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