Der Gemeinderat zu Ehrwald hat in seiner Sitzung vom 29. Juni einem Antrag der Platzhirsch GmbH (nomen est omen) auf Gewährung eines Nutzungsrechtes für die Fläche zwischen der Brent Alm und der Trasse der Ehrwalder Almbahn zugestimmt. Laut Firmenbuch sind die Gesellschafter der Platzhirsch GmbH 40% Helmut Pesendorfer (Hotel Sonnenspitz), 30% Andrea Mayer (Hotel Alpenrose) und 30% Kurt Müller (Ausferner Hof), alles alteingesessene tüchtige Touristiker und Geschäftsleute.
Soweit so gut. Nur einem Gemeinderat war die komplexe Formulierung, welche der Bürgermeister vortrug, offensichtlich doch nicht ganz klar und er ließ sich zur Frage, was damit jetzt genau gemeint sei, hinreißen. Konkret ging es um die Kopplung dieses Nutzungsrechtes an den Baurechtsvertrag, auf dessen Grundlage die Brent Alm auf dem Grund der Agrargemeinschaft, vertreten durch die Gemeinde, errichten durfte. Dieser sogenannte Baurechtsvertrag läuft auf 99 Jahre, wovon jetzt ca. 10 bereits vergangen sind und die Nutzung somit ebenfalls auf die verbliebenen 89 Jahre gewährt wurde.
Alles im Rahmen der üblichen Gepflogenheiten? Eigentlich ja, wären da nicht die in unseren Augen sehr günstigen Konditionen. Zum einen der Preis von 600,- € pro Jahr für geschätzte 770 m² (genaueres wurde nicht angegeben und auch nicht danach gefragt). In der GR-Sitzung vom 15.12.2020 vergab der Gemeinderat ein ähnliches Nutzungsrecht um 500,- € für gerade einmal 67 m² und in der Sitzung vom 9.02.2021 für die Trafostation des umstrittenen Explorerhotels um 585,- € (wir schätzen mal das sind ca. 10 m²).
Zum anderen wurden keinerlei Einschränkungen für die Nutzung genannt. Ausgenommen, dass eine Bebauung infolge der Nähe der Seilbahntrasse schon aus anderen Gründen nicht in Frage käme. Ob das Aufstellen von Mini-Homes oder Fass-Finkas (siehe Gamsalm) – beides deutlich unter 10 m² – hier ebenfalls darunter fallen, entzieht sich unserer Kenntnis. Es bleibt abzuwarten, wie fantasievoll der Nutzungsberechtigte dies in der Zukunft ausnützen wird.
Dann ist da noch die in unseren Augen übertrieben lange Laufzeit. Niemand der aktuell lebenden Personen, die an diesem Deal beteiligt sind, werden das vereinbarte Ende erleben. Es gilt auch zu bezweifeln, dass zu diesem Zeitpunkt die Seilbahn oder die Brent Alm in der gegenständlichen Form noch stehen. Warum verpflichtet/knebelt der Gemeinderat zu Ehrwald sich und alle nachfolgenden zu so einem langandauernden Vertragsverhältnis? Noch dazu kurz vor dem Auslaufen der aktuellen Periode. Sollen hier Fakten geschaffen werden, die ein nachfolgender Gemeinderat vielleicht nie bewilligt hätte? Ein Schelm wer hier Böses denkt oder gar irgendwelche Machenschaften unterstellt.
Doch was ist eigentlich ein Baurecht? Das ist ähnlich zum Superädifikat, das Recht etwas auf fremden Grund bauen zu dürfen. Beim Superädifikat ist dieses Bauwerk nicht auf Dauer gedacht und am Ende der Laufzeit ist der Urzustand wieder herzustellen. Beim Baurecht wird im Baurechtsvertrag geregelt, was am Ende passiert. Meist geht das Bauwerk in das Eigentum des Grundeigentümers über – mit entsprechender Ablöse. Oft genug erhält der Grundeigentümer so am Ende eine Bauruine, welche er auf eigene Kosten abtragen oder sanieren muss (Beispiel Kende Areal). Während der Nutzungsdauer eines Baurechtes darf das Objekt vererbt und auch weitergegeben werden. Damit kann so ein Objekt jederzeit auch in Hände gelangen, welche nicht im Interesse des Grundeigentümers liegen. Womit wir wieder beim Punkt der langen Laufzeit sind: Niemand weiß heute, was in 50 Jahren passiert, aber die Gemeindevertretung verpflichtet die zukünftigen Generationen auf 89 Jahre sich von aktuellen Sichtweisen knebeln zu lassen.
Das hat nichts mit der viel zitierten Rechtssicherheit zu tun. Dafür hätten locker 15-20 Jahre, wie in gewerblichen Mietverträgen üblich, ausgereicht. Auch gerne mit einer Verlängerungsoption. Doch an eine derartige Lösung denken die aktuellen Gemeinderäte nicht (vielleicht abgesehen von einem). Alles was vorgelegt wird, ist abzunicken. Wozu hinterfragen? Wozu das Risiko eingehen, schlafende Hunde zu wecken? Augen zu und durch lautet die Devise.
Wir sehen das als kurzsichtiges und sogar verantwortungsloses Handeln. Als fahrlässigen Umgang mit fremdem Eigentum. Denn über eines müssen sich die Gemeinderäte und -innen im Klaren sein: Sie entscheiden hier nicht über ihr Privateigentum, sondern über das der Gemeinde, der Bevölkerung von Ehrwald. Sie sind nur Verwalter und unterliegen in diesem Sinne der notwendigen Sorgfaltspflicht, wofür sie auch haften und ggf. zur Verantwortung gezogen werden können.
1.07.2021: Präzisierung der Eigentumsverhältnisse betreffend der Platzhirsch GmbH.