In Seefeld ist erst der Bürgermeister und nun der gesamte Gemeinderat zurückgetreten – wie kann es das sein? Laut Medien hat sie der Mut verlassen, nachdem der Landesrechnungshof ihnen die ungeschminkte Wahrheit über die finanzielle Situation ihrer Gemeinde sehr deutlich vor Augen geführt hat.
Dieses Beispiel zeigt, wie man mit großen Plänen großen Schiffbruch erleiden kann. Ganz besonders, wenn man selbst erkennen muss, dass das Führen einer Gemeinde sehr gut mit der Führung eines Unternehmens vergleichbar ist. Doch wo sind nun all jene, die versprochen haben, den Bürgermeister und die Gemeinde bei hochtrabenden Plänen und Projekten zu
unterstützen? Wo sind jene, die für derartige Projekte lobbyiert haben? Wo sind die Marketing-Magier, die sich als Architekten von Wolkenschlössern profiliert haben? Wo sind sie alle untergetaucht?
Wir werden es wohl nie erfahren. Doch viel wichtiger ist die Frage: War Seefeld nur ein Einzelfall? So etwas kann bei uns doch gar nicht passieren – oder vielleicht doch?
Ich weiß nicht, was in Seefeld im Detail passiert ist und wer die handelnden Personen waren – die ich allesamt nicht persönlich kenne und somit keinem irgendetwas unterstelle. Allerdings weiß ich, dass das System überall das gleiche ist: Irgendwo gibt es eine (meist sehr
kleine) Gruppe von Personen, welche die Richtung vorgeben. Was diese sagt, gilt als ungeschriebenes Gesetz – denn sie wissen sehr genau wie der Hase läuft und was wir alle so dringend brauchen, schließlich machen sie es uns mit ihren Erfolgsgeschichten vor. Genauer hinsehen oder gar hinterfragen wird als Blasphemie angesehen und strikt abgelehnt. Diese
Leitfiguren sind auch gut vernetzt, haben “Gute Freunde” und “Gute Kontakte” an allen Hebeln der Macht.
Auftritt der Marketing-Magier: Wenn die Bevölkerung informiert werden muss (weil es nicht anders geht), wird alles in schillernden Farben dargestellt. Nur die Vorteile natürlich, denn mit all den bereits absehbaren Nebeneffekten (die man oft selbst nicht versteht) ist das gemeine Volk nur überfordert. Man richtet sich die dargestellte Wirklichkeit, wie man sie braucht. Wenn dann am Ende plötzlich etwas Unerwartetes auftaucht, sind die Marketing-Magier schon wieder verschwunden – haben sich selbst weggezaubert in einen anderen Ort, um dort das Spiel von Neuem zu beginnen.
Manchmal agieren diese Magier auch nur im Hintergrund. Bereiten Informationen, Pressemeldungen, Anzeigen in Zeitschriften und Tageszeitungen bis hin zu Postwurfsendungen auf. Sie haben ihr Handwerk gelernt, ihre Argumente sind verblüffend einfach, zielgerichtet und für jeden verständlich – genau in dem Sinn wie beabsichtigt. Andere
Ansichten lässt man nicht gelten, fegt sie argumentativ vom Tisch. So funktioniert Meinungsbildung, die Kernaufgabe von Marketing.
Ob das alles Sinn macht, ob es am Ende tatsächlich ein Geschäft ist und vor allem, wer am Ende die Rechnung bezahlen muss, das ist nicht von Belang. Die Marketing-Magier stehen ganz am Anfang der Nahrungskette, noch vor den Planern. Sie kommen immer auf ihre Rechnung.
Vor langer Zeit (noch vor der Olympiade 1964) war Ehrwald der bekanntere und erfolgreichere touristische Ort. Mit der Austragung der nordischen Disziplinen der olympischen Winterspiele 1964 hat Seefeld durchgestartet und war uns immer einen Schritt voraus. Jetzt setzen sie dazu an, uns auch auf dem Weg nach unten zu überholen…