Am Do. 23. April 2024 durfte ich in einem ca. 1-stündigem Gespräch mit Landtagspräsidentin Sonja Redl-Rossmann und LHStv. Josef Geisler aus erster Hand erfahren, worum es bei dem aktuell heiß umstrittenen Projekt “Fernpasstunnel” genau geht. In der anschließenden breiten, öffentlichen Diskussion im VAZ-Breitenwang mit LH Mattle und weiteren Mitgliedern der Landesregierung, wurden die Positionen erneut dargestellt und Fragen der anwesenden Besucher beantwortet. Hierzu hatte die Tiroler Volkspartei mit ganzseitigen Anzeigen in den Lokalmedien eingeladen. Der Aufwand war enorm – ob das Ergebnis im Sinne der Veranstalter war, darf bezweifelt werden.
LHStv. Geisler legte Wert darauf, dass er sich bereits seit 30 Jahren in politischer Verantwortung mit der Verkehrssituation im Ausserfern beschäftigt (Stichwort Autobahn Ulm/Mailand). Er sieht die Lösung grundsätzlich in einer Verflüssigung des Verkehrs, welche durch Begrenzung mittels Dosierampeln erreicht werden kann. Dies funktioniert zwar noch nicht ganz so optimal, wird sich jedoch mittels künstlicher Intelligenz sicher noch wesentlich verbessern lassen. An der B179 sieht LHStv. Geisler nicht die Haarnadel als Staustelle – das sind der Katzenberg (Highline), die Tankstellenausfahrten, Zebrastreifen und auch die 2 Spuren bei Lähn. Aus seiner Sicht scheitert die Alternative Bahn an den Zuläufen aus Deutschland. Dies trifft den Brenner-Basis-Tunnel und ebenso eine Tunnellösung von Ehrwald ins Inntal. Womit die Variante Scheiteltunnel die einzig mögliche sei.
LH Mattle ergänze diesbezüglich, dass dieser Bahntunnel vom Ministerium nicht in das aktuelle Programm aufgenommen wurde – obwohl ihn Tirol hineinreklamiert hat. Er sprach sogar davon, dass dieser ab 2040 in Betrieb gehen soll => da erwacht wohl ein Zombie, siehe umfangreichen Beitrag auf dieser Website.
Er führte ebenso aus, dass es sich bei der Passhöhe um ein schützenswertes Naturjuwel handle (ich vermute mal er hat hier die Fernsteinseen gemeint, an welchen der Verkehr auch mit dem Tunnel weiterhin vorbeifließt). Der geplante Scheiteltunnel würde diesen Schutz ermöglichen. Landtagspräsidentin Sonja Redl-Rossmann ergänzte hierzu noch die desolaten Stützmauern, welche mit diesem Tunnel ebenfalls umfahren werden.
Der Lermooser Tunnel wurde von allen als Sicherheitsrisiko eingestuft, mit dringendem Handlungsbedarf. Die Minimallösung mit Rettungsstollen alle 500 m käme fast so teuer wie die zweite Röhre, womit diese nun favorisiert wird. Trotzdem wird mit ca. 300 Mio € zu rechnen sein.
Die Finanzierung dieser beiden Tunnelprojekte soll bekanntlich über eine Bemautung erfolgen. Dies wurde damit begründet, dass im Budget der Tiroler Landesregierung nur ca. 31 Mio € jährlich für Straßenneu- und Ausbau vorgesehen sind – für ganz Tirol. Generell wurde erklärt, dass eine Bemautung nur dann gesetzlich zulässig ist, wenn es auch entsprechende Investitionen, sprich Neubauten für die betroffene Strecke gibt, was somit nur mit dem Scheiteltunnel möglich ist.
Ebenso deutlich wurde ausgeführt, dass die Mauteinnahmen der dafür extra zu gründenden Mautgesellschaft, ausschließlich für die betroffene Strecke verwendet werden darf. Das ist der Grund für die lange Strecke von Nassereith bis zum Grenztunnel – die gesamte B179, welche mithilfe dieser Einnahmen weiter ausgebaut und verbessert werden soll. Gegen den Begriff “beschleunigt” wehrten sich die Politiker unisono.
Dass dies wiederum nur die halbe Wahrheit ist, wurde aus einer Aussage von LHStv. Geisler deutlich: Es gibt noch einen “Fruchtgenuss“, den sich das Land Tirol von der Mautgesellschaft einbehält – in welcher Höhe, wurde nicht erwähnt. Dieser fließt in das Landesbudget ein, aus welchem dann auch die Gutscheine finanziert werden. Diese müssen (damit sie die EU akzeptiert) bereits VOR der Maut beginnen und betraglich höher sein als die Mautkosten (Jahreskarte). Sie stehen auch ALLEN EU-Bürger-/innen zu, welche hier ihren Hauptwohnsitz haben. Damit sind wir auch schon beim
wahren Grund für den Scheiteltunnel: Es geht um’s Geld, nur um’s Geld und um nichts anderes als das Geld.
Hierzu eine kleine Rechnung mit Daten aus der Homepage der Tiroler Landesregierung (Jahresbericht Straßenbau und Verkehrsstatistik aus der Fernpass Strategie):
- Im Jahr 2017 (neuere Zahlen gibt es nicht) fuhren 5,07 Mio KFZ (davon 1,41 Mio LKW, 3,66 Mio PKW) über den Fernpass. Legt man diesen Zahlen die 28,- bzw. 14,- €/Fahrt zugrunde, lässt dies Einnahmen iHv. über 90 Mio € jährlich erwarten (Anmerkung: der Tarif für die LWK geht von 28,- bis 55,- €)
- Dem stehen Ausgaben für Straßenerhaltung (baulich und betrieblich) für ganz Tirol iHv 66,9 Mio € (Basis 2023) gegenüber.
- zzgl. die bereits erwähnten 31 Mio Budget für Neu- und Ausbau
Dieser eine Tunnel finanziert den gesamten Straßenaufwand für Tirol. Er ist somit ein Goldesel, den man sich einfach nicht entgehen lassen will oder kann.
Damit wird auch deutlich, dass sich die Politik nicht im Geringsten für die Bevölkerung des Ausserferns interessiert. Ihnen geht es um den großen Kuchen. Da kann ein Randbezirk ruhig noch weiter ausgegrenzt werden – es wohnen dort ja auch nur 4,1 % des Wahlvolkes. Er ist somit nicht wahlentscheidend.
In diesem Sinne kann auch die Reaktion des Landeshauptmanns auf so manche Wortmeldung gesehen werden, insb. wenn es um Gemeindeversammlungen oder eine Volksbefragung als Instrument der direkten Demokratie ging. Eine solche schmetterte er mit den Worten “…wir leben in einer repräsentativen Demokratie…” brüsk ab. In diesem Sinne erlaube ich mir zu sagen: “Du Landeshauptmann bedenke – wir leben noch immer in einer Demokratie und diese definiert sich dadurch, dass die Macht vom Volke ausgeht. Du Landeshauptmann wurdest gewählt, um dem Volk zu dienen und nicht das Volk Dir. Du Landeshauptmann hast die Interessen des Volkes zu vertreten und zu beachten”.
Wenn die Politik der Meinung ist, dass das Volk nur dazu da ist, mit ihren Steuern und Abgaben (zu diesen zählt auch die Maut) das Einkommen der Politiker zu finanzieren, ist sie am viel zitierten Holzweg.
Die Stimmungslage rund um diese Veranstaltung und auch die Diskussionsbeiträge zeigen diese Diskrepanz deutlich auf. Es gab keine einzige positive Wortmeldung zum Tunnelprojekt. Nicht einmal von den anwesenden ÖVP Bürgermeistern und sonstigen ÖVP-Vasallen. Das kann auch ein pressefreundliches Händeschütteln mit den Demonstranten vor dem Saal nicht kaschieren. Trotz demonstrativer “Bürgernähe” entfernte sich die anwesende Politik wieder ein Stück von der Bevölkerung.
Was keiner will, ist der Ausbau der Transitachse über den Fernpass. Während die Politik hier von einem Verbot neuer Transitachsen durch die Alpenkonvention spricht, weiß die Bevölkerung längst, dass diese Achse mit der B179 bereits existiert und der Ausbau somit diese Konvention nicht verletzen würde. Der Verkehr würde vielleicht sogar verflüssigt, mit Sicherheit allerdings um ein Vielfaches mehr. Die Brennerstrecke ist das beste Beispiel dafür. Allen Versprechungen und Beteuerungen der Politik zum Trotz nimmt der Verkehr über den Brenner stetig zu – trotz Maut, weil diese am Ende sowieso die Konsumenten bezahlen müssen.
In einem Punkt war man sich einig: Das grundsätzliche Ziel für die B179 muss eine Verflüssigung des Verkehrs sein. Die Mittel und Wege hierzu sind jedoch unterschiedlich. Während die Politik ein teures Belastungspaket schnürt, welches sich bei genauerem Hinsehen als Goldesel für die Politik entpuppt, verlangt die Bevölkerung einfachere und kosteneffizientere Lösungen, welche insbesondere auf die Gesundheit der Bevölkerung, deren Lebensqualität und auch die Natur und Umwelt Rücksicht nehmen – konkret die Anpassung des Verkehrs an das Erträgliche. Als Hilfsmittel dienen Dosiersysteme, was auch LHStv. Geisler und Landtagspräsidentin Redl-Rossman positiv bewerten – insb. mit Unterstützung künstlicher Intelligenz.
Das Titelbild wurde mit ChatGPT erstellt.