Die Krux mit den Chalets

Hand auf’s Herz: Schön aussehen tun sie schon, diese Luxus-Chalets, die aktuell in ganz Tirol wie die Pilze aus dem Boden schießen. Wie die Spaltpilze möchte ich sagen, denn sie führen zu massiver Missstimmung unter der Bevölkerung. Einerseits aus Neid, andererseits aus massiven Bedenken, wo das Ganze enden wird.

Das Grundmodell ist nicht neu. Es nennt sich “buy-to-let” oder auf Deutsch “Kauf und Rückverpachtung”. Mir selbst ist schon im Jahr 1996 in Brasilien eine Immobilie auf den Bermudas nach dem “time-share”-Modell angeboten worden. Dort noch als 1/5 Anteil um schlappe 250.000 Schilling. Dafür könnte ich zehn Wochen im Jahr diese Luxuswohnung selbst nutzen, die restliche Zeit würde sie von den anderen vier Anteilseignern genutzt werden. Die nicht genutzte Zeit könnten wir sie vermieten und damit unsere Investition zurückverdienen.

Der große Unterschied zum klassischen Tourismus mit Hotels und Ferienwohnungen liegt in der Eigentümerstruktur: Die Immobilien befinden sich im Eigentum der “Gäste”, welche sie dann weitervermieten (teilweise über einen Hotelbetreiber, der bereits im Kaufvertrag fixiert wird). Wenn der Eigentümer die Immobilie selbst nutzt, errichtet er damit in Wirklichkeit einen Freizeitwohnsitz – kaschiert dies jedoch über die Vermietung als unternehmerische Tätigkeit mit touristischem Zweck. Freizeitwohnsitze sind im Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG 2016) geregelt und de facto verboten.

Problematisch wird das alles, weil wir speziell in Tirol nur ca. 10% der Landesfläche als Dauersiedlungsraum nutzen können – zum Wohnen und Erwerbstätigkeit wie zB. Land-/Forstwirtschaft. Damit kann unser Land nur eine begrenzte Anzahl an Bewohnern/Eigentümern tragen. Die Zahl derer, die gerne ihren Teil vom Kuchen haben wollen und von einem Häuschen oder einer Wohnung in Tirol träumen, übersteigt diese Grenze bei weitem. Vielfach sind es Menschen mit deutlich größeren finanziellen Ressourcen, als die einheimische Bevölkerung und damit beliebte “Opfer” von Immobilienhaien, die nur das schnelle Geld interessiert. Die Folge: mit hohem Kapitaleinsatz werden freie Gründe aufgekauft und mit maximalem Gewinn verwertet – ohne Rücksicht auf Verluste. Gewinne gibt es nur für den Immobilienentwickler, die Investoren und die Steuer- und Abgabenbehörden (inkl. der Gemeinden) – zum allergrößten Teil außerhalb der betroffenen Gemeinde.

Die negativen Auswüchse hat die einheimische Bevölkerung zu tragen: Versiegelte unbewirtschaftbare Flächen, Verkehr mit all seinen Folgen wie Staus, Abgasen und Lärm, erhöhte Aufwände für Straßen- und Infrastrukturerhaltung (inkl. Abfall- und Abwasserentsorgung), unleistbare Grundpreise und damit in Folge Abwanderung der Jungen, was zwangsläufig zu einer Überalterung der einheimischen Bevölkerung führt. In den Saisonzeiten platzen die Dörfer aus allen Nähten und außerhalb vereinsamen sie. Nach einiger Zeit werden sie unattraktiv für klassische Touristen, was sich wiederum negativ auf die davon lebenden Betriebe auswirkt.

Auch wenn die Gemeinde im Wege der Abgaben- und Steuerzahlungen sowie Finanzausgleich Einkünfte lukriert, geht die Rechnung unterm Strich nicht auf. Eine derart exzessive Nutzung kostet weit mehr, als sie bringt – mit einem extremen Ungleichgewicht. Genau das ist die Ursache für die polarisierende Missstimmung. Hier müssen die Gemeinde und auch das Land Tirol beharrlich und nachhaltig gegensteuern. Doch es darf nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleiben. Es muss regelmäßig kontrolliert werden und bei Verstößen gegen Raumordnungsverträge sind die Konsequenzen auch umzusetzen – bis hin zur Rückabwicklung und Schleifung einer widerrechtlich genutzten Immobilie, als “Ultima Ratio”.

Wir haben nur ein “Land Tirol” und nur eine “Gemeinde Ehrwald” – wir sind verpflichtet alles zu tun, dass diese auch für unsere Kinder und deren Kinder erhalten bleiben. Mit einem “Ausverkauf der Heimat” sägen wir an unserem eigenen Ast und zerstören den Boden der uns ernährt!

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