Ja wir leben vom Tourismus – und ja er hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind – im Positiven wie im Negativen. Am Anfang waren es einige wenige Pioniere, welche bei uns Zimmer an Gäste vermieteten. Daraus entstanden die ersten Pensionen und später Hotels. Immer mehr erkannten nach dem 2. Weltkrieg die Chance auf ein besseres Leben, abseits von dem harten Leben eines bäuerlichen Betriebes. Immer mehr griffen nach dem Strohhalm, der sich durch die neue Mobilität der Menschen in Europa – und vor allem der Besatzungsmächte gewannen – anbot. Sie waren es, die die Schönheit unserer Natur und Umwelt erkannten und schätzten.
Die Einheimischen nutzten die Chance. Immer mehr begannen Zimmer zu vermieten. Neue Häuser wurden gebaut – mit zusätzlichen Zimmern zur Vermietung an Gäste, zur Finanzierung, weil man sie sich sonst wohl kaum hätte leisten können. Mit vielen Entbehrungen und persönlichen Opfern – es war nicht jedermanns Sache, die oftmals unbekannten Gäste am Familienleben teilhaben zu lassen. So mancher Gast fühlte sich im wahrsten Sinne des Wortes “…wie zu Hause…” und manch ein Vermieter musste sich zurückhalten, um ihn nicht aus seiner privaten Küche und Kammer zu vertreiben.
“…alles für den Gast, wer zahlt schafft an – und wir leben von den Gästen…” wurde zu geflügelten Worten. Aus einigen Privatzimmervermietungen wurden immer größere Pensionen und schließlich Hotels. Die Spirale drehte sich schneller. Neue, größere Investitionen in mehr Komfort und Annehmlichkeiten mussten getätigt werden – in immer kürzeren Abständen mussten die Häuser erweitert und umgebaut werden. Die Ansprüche der Gäste stiegen und auch der Konkurrenzkampf mit anderen Gemeinden. Diese waren gezwungen, auf die steigende Anzahl von Gästen zu reagieren. Die Infrastruktur musste ausgebaut werden – Straßen, Wasser- und Stromleitungen, Kanalisationen und auch Freizeiteinrichtungen wie zB. Hallenbäder, Tennisplätze, Eislaufplätze uvam. Verkauft wurde dies den Einheimischen mit dem steigenden Wohlstand und dem Eigennutzen – man konnte es sich leisten.
Viel Geld war plötzlich im Spiel und da kam der Wunsch auf, sich zu organisieren, den Kuchen zu vergrößern, schmackhafter zu machen – und vor allem: ihn unter sich aufzuteilen. Die Tourismusverbände entstanden und mit ihnen zog das Marketing ein. Die Zahlen, mit denen man um sich warf, wurden immer größer, immer unbegreiflicher – vor allem für die kleinen Privatvermieter. Ihnen wurde das Heft der Handlung entzogen, sie wurden (wie alle Gewerbetreibenden) zu Zwangsmitgliedern in einer Körperschaft öffentlichen Rechts, in welcher sie so gut wie kein faktisches Mitbestimmungsrecht mehr hatten. Das System der Stimmgruppen bevorzugte unverblümt die Großen, die es sich leisten und idF auch richten konnten.
Sie waren es auch, die mit den Gemeinden “Erschließungsgesellschaften” gründeten, in welchen die touristisch nutzbaren Infrastruktureinrichtungen (siehe oben) gebündelt wurden. Hier hatten einige Weitblick bewiesen: Touristisch konnten sich die Hotels (noch) keine Hallenbäder, Eislaufplätze, Tennishallen, uvam. leisten, da mussten die Gemeinden mitfinanzieren, schließlich ging es ja auch um die kleinen Privatzimmervermieter, die (noch) in der Mehrzahl waren. Es musste schnell gehen, die Nachbargemeinden schliefen ja auch nicht. So schossen in den 1970’er zahlreiche Hallenbäder aus dem Boden – finanziert mit öffentlichen Geldern und den Abgaben für den Tourismus aller Gewerbetreibenden (inkl. jener, welche maximal indirekt vom Tourismus profitierten, wenn überhaupt). Die Gemeindebürger/-innen mussten das verstehen, akzeptieren und mit ihren Steuern und Abgaben mitfinanzieren.
Heute hat sich am System nicht viel verändert. Die Großen wurden immer größer, die Privatzimmervermieter immer weniger und werden weiter an den Rand gedrückt. “…wer zahlt schafft an…” gilt mehr denn je, nur sind es jetzt die Großen in den Tourismusverbänden. Sie haben längst dafür gesorgt, dass in ihren Tempeln eigene Hallenbäder und Wellnesslandschaften entstanden sind. Jetzt sind die öffentlichen Hallenbäder zu Konkurrenten geworden. Gebraucht werden sie nur noch von den Einheimischen und den kleinen Privatzimmervermietern – beide stehen bei den Mächtigen der Tourismusverbände ganz weit unten auf der Prioritätsliste. Man kann fast den Eindruck gewinnen, dass man sie am liebsten einfach nur loswerden will – sie stören nur, maßen sich an eigene Ideen und Wünsche zu haben und diese auch noch zu äußern – fast so wie lästige Fliegen.
Zahlenmäßig sind wir “Normalbürger”, die nicht direkt vom Tourismus leben, die Mehrheit – allerdings die schweigende Mehrheit, die sich unterdrücken und bevormunden lässt. Wann wollen wir aufstehen, das Wort erheben und einfach sagen: “Es reicht! Was zu viel ist, ist zu viel!” Wie lange wollen wir noch zusehen, dass von den “Großen” unsere Umwelt und Natur systematisch zerstört wird, die von uns finanzierte Infrastruktur ausgebeutet und missbraucht wird, das was wir geschaffen haben, zerstört wird? Alles im Namen des Tourismus, der längst schon zu einem Götzenbild geworden ist, welches wir anzubeten und zu verehren haben.
Sie haben den Tourismus zu etwas verwandelt, welches uns zunehmend unterdrückt, in Angst und Schrecken versetzt, wenn wir an die absehbaren Folgen denken. Zu etwas, was uns fest im Griff hat, das jede Gegenwehr im Keime zu ersticken versucht, das jeden, der nach Maß und Ziel sowie Vernunft ruft, mundtot machen will. Etwas, das unsere Lebensgrundlage, unsere Natur und Umwelt auffrisst, das Flora und Fauna verändert – nachhaltig im negativen, zerstörerischen Sinne. Dieses Etwas hat auch einen Namen, einen der auch mit “T” beginnt und “-ismus” endet, etwas, das die Welt zunehmend in Atem hält. Etwas, das viele unschuldige Opfer kostet.