Es ist in ganz Tirol ein heißes Eisen – der Umgang mit den Freizeitwohnsitzen insbesondere von EU-Bürgern, welche auf ihr Recht der Niederlassungsfreiheit pochen und dieses mit zweifelhaften juristischen Winkelzügen umsetzen (siehe auch Beiträge “Die Krux mit den Chalets” und “Tirol is lei oans“). Die einen freut’s, weil sie darin ein großes Geschäft sehen, die anderen bezeichnen es als Ausverkauf der Heimat.
Gesetzlich gibt es den Begriff Zweit- oder auch Nebenwohnsitz eigentlich gar nicht. Beide stellen private Wohnsitze (somit keine Vermietung) dar, welche nicht als Hauptwohnsitz genutzt werden – sie sind das Gegenstück zum Hauptwohnsitz, welcher im Meldegesetz definiert ist. Freizeitwohnsitze dagegen sind im §13 des Tiroler Raumordnungsgesetzes definiert und dienen dem zeitweiligen Erholungszweck (Urlaub, Wochenende, Ferien, etc.). Sie sind streng reglementiert bzw. verboten.
Das Tiroler Raumordnungsgesetz wurde geschaffen, weil im Alpenraum die nutzbaren Flächen knapp und rar sind. Diese sollen vor übermäßigem Fremdzugriff geschützt werden. Fakt ist und bleibt, dass es die einheimische Bevölkerung war, welche unseren Lebensraum aufgebaut und gestaltet hat. Sie hat das Ambiente geschaffen, welches unseren Gästen so gut gefällt. Die Einheimischen hegen und pflegen unsere Natur und Umwelt, zum Wohle aller auch heute noch.
Das durchaus berechtigte Interesse von Externen, es sich hier in diesem schön bereitetem Nest gemütlich zu machen, gefährdet jedoch seine Zukunft. Vergleichen wir es mit einem Vogelnest – die Eltern habe es in mühevoller Kleinarbeit gebaut und schön weich ausgepolstert. Wenn die Jungen schlüpfen, wird das Nest und seine Umgebung mit Kot verschmutzt, es wird kaum mehr gepflegt und am Ende verlassen. Wenn den Eltern dann auch noch ein Kuckucksei untergeschoben wurde, sterben sogar die eigenen Nachkommen, und die ganze Arbeit war vergeblich, der Familienerhalt ist bedroht.
So ist es auch mit den Freizeitwohnsitzen. Mit viel Geld im Rücken werden teilweise zugegebenermaßen hübsche und stilvolle Bauten (Chalets) hochgezogen, in denen es sich die Eigentümer von Zeit zu Zeit gemütlich machen. Zur Dorfgemeinschaft, zur Entwicklung der Region, zum Erhalt der Natur und Umwelt, tragen diese nur in sehr seltenen Fällen bei. Sie schaffen nicht einmal Arbeitsplätze oder Nutzen aus Umwegrentabilitäten. Sie nutzen das von anderen für unsere Gäste geschaffene Angebot. Nur reisen sie nicht dankbar und zufrieden ab, sondern sitzen wie die Maden im Speck und stellen sogar noch Forderungen an Infrastruktur u.a.m. So mancher erdreistet sich, sich über den existierenden “Übertourismus” aufzuregen und zu verlangen, dass dieser eingedämmt wird, damit er mehr Ruhe hat.
Sie vergessen dabei, dass sie mit ihrem Geld und Winkeladvokaten die Grundstückpreise und in der Folge auch die Erhaltungskosten der Infrastruktur in die Höhe getrieben haben. So weit, dass sich junge Einheimische keine Zukunft mehr sehen. Den Preis für einen Baugrund können sie nicht bezahlen und auch dauervermietete Wohnungen werden immer rarer und teurer. Sie können sich das Leben in ihrer Heimat nicht mehr leisten und sind gezwungen abzuwandern (vergl. GAP). Damit kommt es zu einer schleichenden Vertreibung der einheimischen Bevölkerung, welche die Region, in der sie aufgewachsen ist, aus Eigeninteresse pflegt, hegt und erhält. Es beginnt eine Abwärtsspirale, an deren Ende zerstörte, vernachlässigte und brachliegende Regionen stehen. Dann ziehen auch die Freizeitwohnsitzbesitzer weg und alles ist ausgestorben. Die einheimische Bevölkerung wurde zu Flüchtlingen, zu Schutz- und Hilfesuchenden in fremden Regionen.
Jene, welche diese Entwicklung durch ihre Geschäfts- und Geldgier vorantreiben, seien daran erinnert, dass das schnelle Geld niemals nachhaltig ist und das Pendel immer in beide Richtungen schwingt. Irgendwann kommt es zurück und dann werden auch sie von Nutznießern zu Betroffenen, zu Leidtragenden. Auf die Hilfe/Unterstützung jener, welche sie zuvor ausgebeutet, über den Tisch gezogen oder ausgelacht haben, werden sie dann nicht mehr hoffen können.
Dem römischen Dichter Ovid (43 v. Chr. bis um 18 n. Chr.) werden die Worte “Wehret den Anfängen” zugeschrieben. Es liegt an uns, dies zu befolgen und diese negative Entwicklung der Freizeitwohnsitze aufzuhalten. Die Mittel dafür liegen im Raumordnungsgesetz respektive im Flächenwidmungsplan. Diese sind umzusetzen und im Bedarfsfalle auch zu exekutieren. Wir sind dazu bereit – wir kämpfen für den Erhalt unserer Heimat und das Recht der Einheimischen hier auch in Zukunft wohnen zu dürfen und vor allem zu können. Dafür benötigen wir am 27. Februar 2022 Eure Unterstützung.