Energiegemeinschaft

Im Zusammenhang mit dem in den Thörlen geplanten Windpark eines internationalen Großinvestors fällt immer wieder der Begriff “Energiegemeinschaft”. Mit seiner Hilfe wurde auch eine Einsparung von 400,- € versprochen – wenn man dem Windpark zustimmt.

Auf der Homepage der Österreichischen Koordinierungsstelle für Energiegemeinschaften sind die Details rund um das Thema Energiegemeinschaft nachzulesen. Die rechtlichen Grundlagen für Energiegemeinschaften in Österreich sind im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) und im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG 2010) festgelegt. Da dies eine durchaus komplexe Materie ist, möchte ich hiermit versuchen, dies einfach und verständlich darzustellen.

Eine Energiegemeinschaft ist eine Gruppe von Menschen oder Organisationen, die sich zusammenschließen, um gemeinsam erneuerbare Energie zu erzeugen, zu nutzen und zu verkaufen. Man unterscheidet zwei Möglichkeiten:

  • Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG): Diese Gemeinschaft ist lokal begrenzt und nutzt Anlagen innerhalb des Konzessionsgebiets eines einzelnen Netzbetreibers. Mitglieder können natürliche Personen, Gemeinden, öffentliche Einrichtungen oder kleine Unternehmen sein. Der Hauptzweck liegt nicht im finanziellen Gewinn, sondern in ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Vorteilen. Die Beteiligung ist freiwillig, und Privatunternehmen dürfen nicht hauptberuflich teilnehmen.
  • Bürgerenergiegemeinschaft (BEG): Diese Gemeinschaften sind geografisch unbeschränkt und können in ganz Österreich agieren. Sie haben ähnliche Ziele wie EEGs, aber keine Einschränkungen hinsichtlich des Netzbetreibers.

Welche wesentlichen Vorteile bieten solche Energiegemeinschaften?

  • Lokale Erzeugung: Energiegemeinschaften produzieren erneuerbare Energie in sehr kurzer Distanz zu den Verbrauchern. Zusätzlich reduziert sich der Bedarf an langen Übertragungsleitungen und verringert Energieverluste.
  • Umweltfreundlich: Durch die Nutzung von Sonne, Wind oder Wasser zur Energieerzeugung tragen Energiegemeinschaften zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen bei.
  • Gemeinschaftsgefühl: Mitglieder arbeiten zusammen, teilen Ressourcen und profitieren gemeinsam von der Energieerzeugung. Dies stärkt die lokale Gemeinschaft.
  • Unabhängigkeit: Energiegemeinschaften sind weniger abhängig von großen Energieversorgern. Sie können ihre eigene Energie erzeugen und nutzen. Die Energie kommt damit aus bekannten Anlagen.
  • Wirtschaftliche Vorteile: Mitglieder können Energiekosten senken und möglicherweise sogar Einnahmen aus dem Verkauf überschüssiger Energie erzielen. Die selbsterzeugte Energie ist nicht den Schwankungen am internationalen Strommarkt unterworfen.
  • Zusammengefasst bieten Energiegemeinschaften eine nachhaltige, soziale und wirtschaftliche Alternative zur herkömmlichen Energieversorgung.

Wo viel Licht, da ist bekanntlich auch Schatten. Energiegemeinschaften haben auch Nachteile:

  • Komplexität und Koordinationsaufwand: Die Organisation und Verwaltung einer Energiegemeinschaft erfordert Zeit, Ressourcen und Fachkenntnisse. Mitglieder müssen sich mit rechtlichen, technischen und finanziellen Aspekten auseinandersetzen. Unterschiedliche Interessen und private Meinungen können zu Konflikten führen. In der Praxis erfolgt dies über eine rechtliche Organisation (Verein, Genossenschaft oder GmbH), welche auch rechtliche Hilfestellungen in Anspruch nehmen kann.
  • Kosten: Obwohl Energiegemeinschaften langfristig Einsparungen ermöglichen, sind anfängliche Investitionen für die Errichtung von Anlagen und die Infrastruktur zu tätigen (oder bereits bestehenden Anlagen wie Wasserkraft, PV, etc. einzubringen).
  • Abhängigkeit von Wetterbedingungen: Erneuerbare Energiequellen wie Sonne und Wind sind wetterabhängig. Wenn das Wetter ungünstig ist, kann die Energieerzeugung beeinträchtigt werden.
  • Begrenzte Skalierbarkeit: Energiegemeinschaften sind oft auf lokale oder regionale Bereiche beschränkt. Eine großflächige Skalierung (zB. über mehrere Gemeinden hinaus, auf Bezirksebene, oä.) kann herausfordernd sein.

Welche Voraussetzungen müssen für die Gründung einer Energiegemeinschaft erfüllt sein?

  • Teilnehmeranzahl: Eine Energiegemeinschaft muss aus mindestens zwei Teilnehmern bestehen – sollte kein Problem darstellen.
  • Erzeugungsanlage: Es muss mindestens eine Erzeugungsanlage vorhanden sein. Dies kann beispielsweise eine Photovoltaikanlage (PV) sein – es gibt bereits zahlreiche PV-Anlagen in Ehrwald.
  • Intelligente Messgeräte (Smart Meter): Alle Beteiligten müssen über intelligente Messgeräte verfügen. Diese Smart Meter ermöglichen genaue Abrechnungen und Dokumentationen – die Umstellung seitens des EWR ist bereits so gut wie abgeschlossen.
  • Rechtsperson: Für die Gründung einer Energiegemeinschaft ist die Errichtung einer Rechtsperson erforderlich. Dies kann eine Genossenschaft, GmbH oder andere juristische Form sein – sollte ebenfalls kein Problem sein.
  • Registrierung als Marktpartner: Die Energiegemeinschaft muss sich als Marktpartner beim österreichischen Energiemarkt registrieren. Dabei erhält sie eine eindeutige Marktpartner-ID, die für den Vertragsabschluss mit dem Netzbetreiber benötigt wird – ein bewältigbarer Vorgang.
  • Kontrolle durch Mitglieder: Die Kontrolle über die Energiegemeinschaft sollte bei den Mitgliedern liegen. Natürliche Personen, Gebietskörperschaften und Kleinunternehmen sollten über die Mehrheit in der Mitgliederversammlung verfügen und wichtige Statutenänderungen beschließen können.

All diese Voraussetzungen sind bei uns somit schon jetzt erfüllt bzw. ohne großen Aufwand umsetzbar. Dafür brauchen wir keinen Großinvestor, der uns an die Hand nimmt – anders gesagt: das Heft der Kontrolle aus der Hand nimmt. Einen solchen werden wir nie kontrollieren können (wir schaffen das nicht einmal bei den Freizeitbetrieben Tiroler Zugspitze, an denen die Gemeinde zu 50% beteiligt ist – siehe Thema Hallenbad).

Mithilfe einer lokalen, eigenen Energiegemeinschaft, in welche wir unsere bereits bestehenden und auch zukünftigen PV-Anlagen einbringen, könnten wir theoretisch schon morgen starten. Wenn die Gemeinde Ehrwald hier – wie von Zukunft-Ehrwald schon vor Jahren gefordert – als Vorreiter auftritt und die Flächen der Gemeinde entsprechend zur Verfügung stellt bzw. selbst aktiv wird, wäre bereits ein Riesenschritt getan. Dies würde auch dem Auftrag des Gemeindevorstandes vom 11. April 2023 (TOP 8.2) entsprechen – doch das war wohl nur eine Ablenkung und keine ernst gemeinte Initiative mit dem gebotenem Weitblick.

Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei den nachfolgenden Berechnungen um starke Vereinfachungen handelt, welche nur einen Einblick in die Größenordnungen und -verhältnisse geben soll. Aus den erwirtschafteten Ergebnissen sind zunächst die Investitionskosten und Wartungskosten zu bedienen, bevor Gewinne entstehen (laut “ImWind” dann ab dem 8-10. Betriebsjahr).

Das, was man uns als angeblichen energietechnischen Weitblick verkaufen möchte, stellt sich bei näherer Betrachtung als Mogelpackung heraus. So ein Windrad hat eine Leistung von ca. 5.000 kW (5 MW) und produziert pro Jahr (bei ca. 3.000 Volllaststunden, das sind ~34% der Gesamtstunden) gesamt ~15 Mio kWh (15 GWh). Setzen wir hier einen Preis von 12 Cent pro kWh an, ergibt das 1,8 Mio €, die EIN Windrad pro Jahr erwirtschaftet. Davon sollen 11 Stück entstehen – sind 19,8 Mio € pro Jahr. Ehrwald erhält dafür 350.000,- €, also 1,77%. Das ist die Verzinsung, welche wir für unsere Natur und Umwelt bekommen sollen, damit ein Großinvestor die restlichen 98,2% verdient. Das klingt sehr nach dem Bombengeschäft mit den Parkplätzen bei der Ehrwalder Alm. Ja, man soll sich von den großen Zahlen nicht blenden lassen. Und JA, es ist ein gutes Geschäft – aber nicht für uns.

Doch es gibt Alternativen: Beziehen wir uns nur auf die Dachflächen, welche im Gemeindezugriff sind (Recyclinghof, Kletterhalle, Schulen, Panorama, Gemeinde, Mehrzweckgebäude), könnte die Gemeinde Ehrwald in Summe eine PV-Leistung von ca. 850 kWp installieren und damit bei 1500 Vollleistungsstunden (das sind ~34% der Tagesstunden) im Jahr gesamt 1,275 Mio kWh Strom produzieren. Das entspricht dem Bedarf von ~365 Haushalten. Die gesamten in Ehrwald nutzbaren Flächen sind ein Vielfaches davon. Wir könnten somit unseren eigenen Haushaltsstrombedarf sehr wohl über weite Bereiche aus eigenen Quellen decken – wenn wir nur wollten.

Die von den Klimaschützern geforderte Energieautharkizität ist somit keine Utopie – sie ist umsetzbar, insbesondere auf lokaler Ebene. Dafür brauchen wir keinen Windpark mit 11 Windrädern und mit all seinen negativen Auswirkungen. Wir brauchen keine Abhängigkeit von unbekannten Großinvestoren, denen die Euros in der eigenen Geldbörse näher sind als unsere Zukunft. Wir brauchen nur etwas Weitblick und guten Willen von allen Beteiligten.

Wie das jetzt mit den 400,- € funktioniert, konnte bzw. wollte mir niemand verraten. Trotz mehrfachen Nachfragen bei “ImWind” gab es keine Antworten dazu. Ich hatte Herrn DI. M. Pölzler sogar angeboten, eine Darstellung von “ImWind” hier 1:1 zu verlinken. Das Interesse war offensichtlich nicht gegeben.

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